An dieser Stelle sammeln wir für Sie rechtliche Informationen rund um elektrische Zigaretten, Auslegung von Rauchverboten (Nichtraucherschutzgesetze), aktuelle Urteile und lassen auch die aktuelle Tabakrichtlinie der EU nicht außer Betracht.
Urteil des BVerwG (Az.: 3 C 25.13) vom 20.11.2014
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschied am 20.11.2014 in drei Revisionsverfahren, bei denen es sich in allen Fällen um die gleiche Fragestellung dreht: Gehören elektrische Zigaretten und/oder Liquids als Arzneimittel in die Apotheke oder sind sie frei verkäuflich?
Das Bundesverwaltungsgericht hat in der letzten Instanz entschieden, dass nikotinhaltige Flüssigkeiten (sog. Liquids), die mittels elektronischer Zigaretten (sog. E-Zigaretten) verdampft und inhaliert werden, keine Arzneimittel sind und dementsprechend die E-Zigarette selbst kein Medizinprodukt ist.
Im einen Fall wurde einem E-Zigaretten-Händler durch die Stadt untersagt, Liquid mit 10mg oder mehr Nikotin zu verkaufen. Das Oberverwaltungsgericht hob den Verbotsbescheid auf, da Liquids keine Arzneimittel seien. Die Stadt geht in diesem Revisionsverfahren gegen die Aufhebung ihres Verbots an.
In einem anderen Fall klagen zwei Hersteller gegen das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf Feststellung, dass ihre Produkte keine Arzneimittel oder Medizinprodukte seien. In zwei Vorinstanzen wurde dieser Klage stattgegeben, wogegen sich die Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht wendet.
Im letzten Fall wehrt sich ein weiterer Hersteller gegen eine Pressemitteilung des Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen aus Dezember 2011, in der vor dem Verkauf nikotinhaltiger Liquids gewarnt werde, da es sich um Arzneimittel handele, deren Vertrieb ohne arzneimittelrechtliche Zulassung strafbar sei. Der Hersteller wollte erreichen, dass das Ministerium bestimmte Äußerungen aus dieser Pressemitteilung unterlassen müsse. Das Oberverwaltungsgericht hat in einer Berufungsverhandlung dieser Klage stattgegeben, das Ministerium wehrt sich nun mit der Revision gegen dieses vorinstanzliche Urteil.
Die Revision wurde nun durch das Urteil in allen drei Fällen zurückgewiesen. E-Zigaretten und Liquids bleiben damit frei verkäuflich.
Pressemitteilung des Gerichts: http://www.bverwg.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung.php?jahr=2014&nr=68
Urteil des OVG Münster (Az.: 4 A 775/14) vom 04.11.2014
Das OVG Münster hat die Berufung der Stadt Köln, die bereits in erster Instanz mit dem Ansinnen unterlag, einem Gastwirt zu verbieten, dass er das Dampfen in seiner Gaststätte erlaubt, abgelehnt.
"Gastwirte sind nach dem nordrhein-westfälischen Nichtraucherschutzgesetz nicht verpflichtet, den Gebrauch sogenannter E-Zigaretten in ihren Betrieben zu unterbinden", hieß es in einer Mitteilung des Gerichts. Rauchen und Dampfen seien nicht miteinander vergleichbar, da beim Dampfen kein Tabak verbrenne sondern eine nikotinhaltige Flüssigkeit verdampft werde. Auch Gefahren durch das Dampfen für Dritte seien nicht mit denen von Zigarettenqualm vergleichbar.
Wenn der Gesetzgeber die Absicht gehabt hätte, das Dampfen dem Rauchen gleichzustellen, so hätte er dies ausdrücklich im Gesetz verankern müssen. Dies ist aber eben unterblieben, eine Ausweitung des Gesetzes auf das Dampfen daher nicht möglich.
Eine Revision ließ das Gericht nicht zu, somit ist das Urteil rechtskräftig.
Hiervon unabhängig gilt natürlich überall vorrangig das Hausrecht: Erlaubt der Wirt das Dampfen nicht, hat der Dampfer keinen Anspruch darauf, seine elektrische Zigarette benutzen zu dürfen.
Laut Pressemeldung des Verbands des eZigaretten-Handels (VdeH), deren Anwalt den Wirt in diesem Verfahren vertreten hatte, hat das Urteil bundesweite Signalwirkung. "Das OVG Münster hat den Begriff des Rauchens auf einen Verbrennungsprozess, nicht auf das Verdampfen einer E-Zigarette bezogen. Da der Begriff des Rauchens in allen Landesnichtraucherschutzgesetzen gleich verwendet wird, kann mit Blick auf die Gesetzesbindung der Verwaltung davon ausgegangen werden, dass der Genuss von E-Zigaretten in öffentlichen Räumen wie etwa in Gaststätten bundesweit nicht (mehr) als Verstoß gegen das jeweilige Nichtraucherschutzgesetz angesehen wird."
Pressemitteilung: http://www.vd-eh.de/juristische-einschatzung-ezigaretten-fallen-bundesweit-nicht-unter-das-nichtraucherschutzgesetz/
Tabakrichtlinie: Update 19.12.2013
Mittlerweile hat sich doch herauskristallisiert, was uns Dampfer und Händler mit der neuen EU-Richtlinie erwartet.
Die Umsetzung muss bis 2016 auch in Deutschland erfolgen.
Schauen wir also, was wird - frohe Festtage und einen guten Start ins neue Jahr 2014!
Tabakrichtlinie: Update 17.12.2013
Die Nachrichten, die seit gestern Abend bzw. heute früh kursieren, lesen sich zunächst einmal gar nicht schlecht: Die E-Zigarette wird nicht als Arzneimittel definiert, muss in Deutschland somit nicht in die Apotheken. Wiederbefüllbare Kartuschen bleiben erlaubt. Die Nikotinobergrenze wird auf 20mg/ml festgesetzt.
So weit, so gut - könnte man meinen. Recherchiert man etwas weiter, findet man aber Einschränkungen, die alles andere als erleichternd sind: Zwar liegt die Nikotinobergrenzen bei - absolut tolerierbaren - 20 mg/ml, allerdings auch beim "maximimal 18 mg pro Einheit". Als Einheit ist der wiederbefüllbare Tank zu verstehen, und dieser darf höchstens 1ml fassen und muss sich in einer verschlossenen Verpackung befinden, die das Auslaufen verhindert. (Quelle, Quelle 2)
Damit dürften praktisch alle gängigen Clearomizer außen vor sein, denn diese fassen mehr als 1ml. Wie sich das auf die Nachfüll-Flaschen, also die Liquids an sich, auswirken soll oder wird, ist derzeit nicht absehbar. Hier wurden wieder Entscheidungen gefällt, die an der Realität völlig vorbeigehen: Das Fassungsvermögen von gängigen Tanks und der Verkauf von Liquids wurden überhaupt nicht berücksichtigt.
Weiterer Hasenfuß: Mitgliedsländer dürfen selbständig Verbote für wiederbefüllbare Tanks erlassen, und falls dies mehr als drei Mitgliedsländer tun, kann die EU-Kommission dies europaweit für verbindlich erklären, ohne dass dies vom Parlament bestätigt werden müsste.
Ob dieser Kompromissvorschlag tatsächlich angenommen wird oder nicht (soll sich entweder am 17. oder 18.12. entscheiden), ist noch unklar - beim derzeitigen Stand wünscht man sich , dass nicht.
Tabakrichtlinie: Update 12.12.2013
Laut eines Posts von Frau Dr. Renate Sommer (MdEP) scheinen die schlimmsten Vorhaben wieder vom Tisch zu sein: Kein Arzneimittel, kein Verbot nachfüllbarer Kartuschen, Nikotingrenze nun bei (gewürfelten) 20mg/ml. Noch ist nichts in trockenen Tüchern, aber es geht wieder in die richtige Richtung. Quelle: https://www.facebook.com/DrRenateSommer/posts/425693737557856
Tabakrichtlinie: Update 03.12.2013
Was haben Dampfer und Händler gezittert, als im Laufe diesen Jahres die Ausschüsse und das EU-Parlament sich mit der neuen Tabakrichtlinie und neuen, strengen Regeln für den Verkauf von E-Zigaretten auseinandergesetzt haben. Die Vernunft hat dann am 08.10. gesiegt - die "worst case" Regelungen sind nicht gekommen, statt dessen ein ausgeglichener Kompromiss, mit dem alle Beteiligten leben konnten.
Nun sieht das Gesetzgebungsverfahren auf EU-Ebene eine Beteiligung der EU-Kommission vor. Diese plant jetzt eine erheblich verschärfte Regulierung der E-Zigarette und ignoriert damit das Votum des Parlaments vom Oktober. Die vorgeschlagenen Regelungen gehen über alles hinaus, was jemals zur Debatte stand und kommt faktisch einem Verbot nahezu aller bisher auf dem Markt befindlichen elektrischen Zigaretten gleich:
Vergleich Parlamentsentwurf und Kommissionsentwurf:
EU-Parlament | EU-Kommission | |
Max. Nikotin-Konzentration | 30 mg/ ml | 20 mg/ ml |
eZigaretten-Aromen | Keine Beschränkung | Nur Medikamenten-Aromen |
Nachfüll-Liquids | Keine Beschränkung | Verbot |
Nachfüllbare Verdampfer | Keine Beschränkung | Verbot |
Max. Liquid-Packungsgröße | Keine Beschränkung |
0,5 ml (bei einer Stärke von 20mg/ml) Grundregel: Absolute Nikotinmenge pro Kartusche maximal 10 mg |
Sollte dieses Szenario wahr werden, schließt das nahezu alle etablierten, gut funktionierenden E-Zigaretten-Systeme vom Markt aus und erlaubt nur noch - welch ein Zufall - Produkte, wie Sie Pharma- und Tabakindustrie bereits in der Hinterhand hat. Die E-Zigarette wird wieder das, was sie schon vor ein paar Jahren war: Eine kleine Wegwerf-Lösung mit zweifelhaften Geschmack und Nutzen.
Neben der ebenfalls umstrittenen Gleichstellung der E-Zigaretten mit Tabakzigaretten im Hinblick auf Werbung (Stichwort Werbeverbote, die sich auch auf Foren und Blogs auswirken dürften), wird auch gefordert, dass in E-Zigaretten zu jedem Zeitpunkt die gleichmäßige Abgabe von Nikotin sichergestellt wird - etwas, was für Tabakzigaretten übrigens nicht gefordert wird.
Meinung: Was hier auf EU-Ebene geschieht, lässt sich kaum noch begreifen. Wurde der Richtlinienentwurf des Parlaments noch als zu sehr von Lobbyisten beeinflusst kritisiert, könnte der Kommissionsentwurf nun als von einer noch kleineren Gruppe von Lobbyisten geschrieben bezeichnet werden. Es ist ansonsten unverständlich, warum ein Produkt, für dessen behauptete Risiken es keinerlei wissenschaftlich fundierte Basis gibt, dem im Gegenteil aber Studien mehr Nutzen als Risiko bescheinigen, derart stark reguliert werden soll, dass faktisch nur noch Tabak- und Pharmakonzerne es herstellen und vertreiben können. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Richtlinie letztendlich entwickelt und wie und wann sie konkret in den Mitgliedsländern umgesetzt wird. Widerstand im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten ist jedenfalls zu erwarten.
Tabakrichtlinie: Update 08.10.2013
Am 08.10. stimmte das EU-Parlament über die Tabakrichtlinie ab und hat den Änderungsantrag angenommen, wonach E-Zigaretten NICHT als Arzneimittel zu behandeln sind und weiterhin frei verkäuflich bleiben sollen. Es wird kein Aromenverbot geben und eine sehr hohe Nikotinobergrenze, die sich nicht auf unsere Angebote auswirken wird. Siehe auch diese Pressemeldung.
11.07.2013
Nachfolgend möchten wir ausführen, wie der aktuelle Stand der Tabakrichtlinie der EU nach unserem Kenntnisstand und Verständnis ist und welche Auswirkungen sie auf E-Zigaretten hat. Dieser Beitrag dient einem unverbindlichen Überblick und stellt keinen Anspruch an Vollständigkeit und Richtigkeit.
Tabakrichtlinie: Update 12.07.2013: Änderungen bzgl. der Bewertung von Dampfer-Hardware
Die EU, genauer der ENVI-Ausschuss, hat am 10.07.2013 über den Entwurf einer neuen Tabakrichtlinie abgestimmt. Hierbei wurden E-Zigaretten und Liquids zwar nicht verboten, aber – unabhängig vom Nikotingehalt, sofern dieser über 0% liegt – als Arzneimittel definiert. In Deutschland würde dies bedeuten, dass nikotinhaltige Liquids dem Arzneimittelgesetz unterfallen und damit hohe Hürden der Zulassung, sowohl des Herstellers als auch der Produkte selbst, überwinden müssen. Unter Umständen wären sie in Deutschland auch apothekenpflichtig. Reine Hardware ohne nikotinhaltiges Liquid ist nicht betroffen, gilt in Deutschland jedoch dann als Medizinprodukt, welches dem - bzgl. der Anforderungen ggü. dem Arzneimittelgesetz schwächeren - Medizinproduktegesetz unterliegt.
Keiner der derzeitigen Hersteller dürfte auf absehbare Zeit die finanziellen, technischen und faktischen Mittel haben, eine solche Zulassung in Deutschland zu erhalten. Solange aber eine solche Zulassung nicht besteht, herrscht ein Verkaufsverbot für nikotinhaltige Produkte. Das Dampfen wäre somit nur noch mit nikotinfreien Liquids möglich.
Passiert der Entwurf Parlament und Rat, dann wird mit einer nationalen Umsetzung in Deutschland im Laufe des Jahres 2014 gerechnet.
Am 10.07.2013 hat der parlamentarische Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit („ENVI“) des Europäischen Parlaments über den Entwurf einer neuen Tabakrichtlinie abgestimmt. Hierbei ging es auch um E-Zigaretten, bzw. genauer um „nikotinhaltige Produkte“, namentlich E-Liquids, aber auch nikotinhaltige Basen.
Der Entwurf enthielt u.a. einen Passus in Artikel 18, der nikotinhaltige Produkte ab einem bestimmten Nikotingehalt (4 mg/ml) dem Arzneimittelrecht unterstellen sollte. Dies wurde durch Zustimmung zum konsolidierten Änderungsantrag Nr. 57 dahingehend geändert, dass die Nikotingrenze wegfällt. Der endgültige Wortlaut des Artikels 18 ist damit
„Nicotine-containing products may only be placed on the market if they are authorised pursuant to Directive 2001/83/EC, taking into account the well established use of nicotine.“
Übersetzung der Redaktion:
„Nikotinhaltige Erzeugnisse dürfen nur in Verkehr gebracht werden, wenn sie gemäß der Richtlinie 2001/83/EG zugelassen werden, unter Berücksichtigung des fest etablierten Konsums von Nikotin.“
Die Richtlinie 2001/83/EG ist der Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel, in Deutschland vom nationalen Gesetzgeber umgesetzt durch das Arzneimittelgesetz (AMG).
Umgangssprachlich gleich – rechtlich ein deutlicher Unterschied.
Die Medizinprodukterichtlinie, in Deutschland als Medizinproduktegesetz (MPG) umgesetzt, hat deutlich geringere Zulassungshürden für Produkte als das Arzneimittelgesetz (AMG). Unter das MPG fallen Dinge wie Verbandsmaterial, Kanülen und Kondome.
Arzneimittel hingegen unterliegen sehr viel schärferen Anforderungen: Der Hersteller benötigt eine Herstellungserlaubnis, deren Erteilung ans strenge Voraussetzungen geknüpft wird; Arzneimittel müssen ein Zulassungsverfahren mit dem Nachweis von Qualität, Wirksamkeit (klinischer Wirksamkeitsnachweis) und Unbedenklichkeit durchlaufen; der Arzneimittelverkehr (Vertrieb, Abgabe) wird strenger reguliert und überwacht (evtl. Apothekenpflicht).
Zeitweise herrschte im Internet Verwirrung, da in der offiziellen Pressemeldung von ENVI von „medicinal products“ die Rede ist und dies in deutschen Pressemeldungen falsch übersetzt wurde mit „Medizinprodukten“ bzw. „Medizinrichtlinie“. Dies führte im Internet überwiegend zu Erleichterung, da das MPG als deutlich kleineres Übel gegenüber dem AMG gesehen wurde. „Medicinal Products“ sind jedoch Medikamente, also Arzneimittel (Medizinprodukte wären „medical products“).
Maßgeblich ist ohnehin der Text der Richtlinie und nicht die Pressemitteilung, und dieser bezieht sich auf die Richtlinie 2001/83/EG, also die Arzneimittelrichtlinie.
Hardware selbst, also E-Zigaretten, Akkuträger, Clearomizer und dgl., die nicht zusammen mit nikotinhaltigen Liquids verkauft werden, unterfallen dieser Regelung nicht, da sie keine „nikotinhaltigen Produkte“ sind. Das Wort „Elektrische Zigarette“ fällt in der Richtlinie nicht, es wird immer nur von nikotinhaltigen Produkten gesprochen.
Was anderes gilt natürlich, wenn E-Zigarette und Liquid zusammen verkauft werden, dann gilt diese gesamte Einheit als Arzneimittel (§2 II Nr. AMG).
Tabakrichtlinie: Update 12.07.2013: Hardware ist damit zwar kein Arzneimittel, wohl aber ein Produkt, dass dazu bestimmt ist, ein Arzneimittel nach §2 I AMG zu verabreichen (§2 III MPG). Damit unterliegt Hardware zwar nicht dem AMG aber dem MPG, welches auch gewisse Zulassungsvoraussetzungen an die Produkte stellt, die aber deutlich schwächer ausgeprägt sind als die des AMG und die von den großen Herstellern durchaus stemmbar wären. Produkte allerdings, die weitreichend durch den Anwender manipulierbar sind (man denke an Selbstwickelverdampfer), könnten Probleme mit der Zulassung bekommen.
Zwar spricht die Pressemitteilung der EU davon, dass die Mitgliedsländer dafür sorgen sollten, dass E-Zigaretten auch außerhalb von Apotheken erhältlich sein sollen, doch vorschreiben kann die EU das nicht. Angesichts der politischen Stimmung in Deutschland gegen E-Zigaretten ist davon auszugehen, dass Deutschland diesen Weg nicht gehen wird – die Wahrscheinlichkeit, dass es eine Apothekenpflicht geben wird, ist hoch.
Richtig: Zuvor sollten nur Liquids mit einem Nikotingehalt von mehr als 4 mg/ml dem Arzneimittelrecht unterfallen. Durch den Wegfall dieser Einschränkung fallen also ALLE nikotinhaltigen Liquids darunter.
Das Verbot der Verwendung von Aromen wird in der Tabakrichtlinie geregelt, die Liquids fallen nach dem Entwurf nun aber unter die Arzneimittelrichtlinie, womit das Aromenverbot für Liquids vom Tisch ist.
Gerichte urteilen als Judikative immer ihm Rahmen der gesetzlichen Vorschriften, die sie vorfinden. Sie sind nicht dazu da, Gesetze zu machen sondern sie auszulegen und anzuwenden. Die Gesetzgebung obliegt der Legislative, die Gesetze im Rahmen der Verfassungsmäßigkeit stets ändern kann. Es ist also dem Gesetzgeber unbenommen, Liquid als Arzneimittel zu definieren, die verstößt nicht gegen die bisherigen Urteile sondern schafft einen neuen rechtlichen Rahmen für künftige Urteile.
Dieser Punkt ist tatsächlich umstritten. Es gibt Stimmen in der Rechtswissenschaft, die der EU die Kompetenz zur Regelung von E-Zigaretten nicht zugestehen. Laut eines Gutachtens des Hamburger Europarechtlers Prof. Dr. Holger Schwemer gehe es dem Gesetzgeber hier ausschließlich um Fragen des Gesundheitsschutzes, der nicht – zumindest in diesem Maße – in den Kompetenzbereich der EU fällt. Im Ergebnis fände also Ermessensmissbrauch statt.
Ob dies so stimmt und tatsächlich vor Gericht genauso gesehen würde, steht aber auf einem anderen Blatt. Wie in anderen Wissenschaften auch gibt es in der Rechtswissenschaft häufig widerstreitende Meinungen, die jeweils herrschende Meinung (also wenn die Mehrzahl von Publikationen sich für eine Seite entscheidet) kann wechseln und Gerichte sind nicht mal an diese gebunden. Gesetze sind immer eine Frage der Auslegung, das letzte Wort hat das letztinstanzliche Gericht, vorliegend wäre dies der EuGH. Der Weg dorthin ist aber lang und beschwerlich, und solange es keine Entscheidung dahingehend gibt, gelten die Richtlinie und die nationale Umsetzung weiter fort.
Möglichkeit 1, selbst mischen mit nikotinhaltigen Basen, wird nicht gehen, denn diese dürften genauso als „nikotinhaltiges Produkt“ und damit als Arzneimittel gelten.
Möglichkeit 2, sich PG / VG und Nikotin einzeln zu besorgen und zu mischen, wird nicht funktionieren, da reines Nikotin der Chemikalien-Verbotsverordnung unterliegt. Der Handel damit ist zwar nicht verboten, jedoch benötigt ein potenzieller Käufer die Erlaubnis der zuständigen Behörde und es muss ein Sachkundenachweis vorliegen – beides wird für die Eigenherstellung von Liquid wohl kaum erteilt.
Dieser Entwurf, über den am 10.07. abgestimmt wurde, wird noch dem Parlament und dem Rat zur Entscheidung vorgelegt. Die Abstimmung ist also noch keine endgültige Richtlinie sondern muss erst noch beschlossen werden.
Im September 2013 wird der Entwurf im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens dem EU-Parlament zur Entscheidung vorgelegt und muss dann auch noch vom Rat bestätigt werden. Derzeit ist nicht absehbar, ob dies so passieren wird. Möglicherweise schafft es die Tabaklobby doch noch, das Vorhaben zu kippen – das Interesse dürfte groß sein, zumal der Entwurf für die Tabakindustrie absolute No-Gos enthält (abschreckende Bilder auf Verpackungen, keine Slim-Zigaretten mehr, keine Aromen mehr, keine Menthol-Zigaretten mehr). Ab jetzt ist die Tabaklobby damit eher ein Partner der E-Zigaretten-Nutzer als deren Feind.
Falls der Entwurf durchkommt wird allgemein mit einer nationalen Umsetzung bis Mitte 2014 gerechnet.
Noch ist nichts geschehen, bislang handelt es sich um einen Richtlinienentwurf, der es möglicherweise nicht durchs Parlament schafft – hier müssen wir ausnahmsweise der Tabaklobby die Daumen drücken. Kommt die Richtlinie aber in der derzeitigen Form, so brechen dunkle Zeiten für die E-Zigarettenbranche und die Verbraucher an, denn dann wird es, meiner Einschätzung nach, auf absehbare Zeit keinen Zugang mehr zu nikotinhaltigen Liquids geben.
E-Zigaretten und nikotinfreie Liquids werden nicht reglementiert und weiterhin verfügbar sein, die zu erwartende geringere Nachfrage danach wird wohl insgesamt zu einer Marktbereinigung führen. Wer jetzt dampft, wird wohl demnächst damit anfangen, sich Vorräte nikotinhaltiger Basen und/oder Liquids anzulegen.
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Autor: Michal Dobrajc, vaporexmachina.de
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